Dieses Glossar enthält Definitionen und kurze Erläuterungen sowie Literaturhinweise zu Schlüsselbegriffen aus dem Bereich der Begabungs- und Leistungsförderung, die für die Forschungs- und Entwicklungsarbeit im Projekt "Leistung macht Schule" eine tragende Rolle spielen. Darüber hinaus werden auch für den Projektkontext relevante Eigennamen erklärt. Autorinnen und Autoren sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungsverbunds LemaS. Das Glossar ist alphabetisch sortiert und wird regelmäßig aktualisiert. 

  • Curriculum Compacting

    Curriculum Compacting bedeutet so viel wie das Straffen oder Kürzen des Lehrplanes. Bei dieser Unterrichtsstrategie erhalten Schülerinnen und Schüler, die die vorgesehenen Lernziele der Unterrichtseinheit schon erreicht haben, neue oder vertiefende Aufgaben. Das Ziel ist es, unnötige Wiederholungen zu vermeiden und den Lehrplan flexibel an den Kompetenzstand der Kinder anzupassen. 

    Studien aus den USA haben für die Grundschule und Mittelstufe gezeigt, dass ungefähr 40 bis 70 % der zu vermittelnden Inhalte für besonders leistungsstarke Schülerinnen und Schüler ohne Leistungseinbuße weggelassen werden können (Reis et al., 1998). Entweder, weil sie schon über das Wissen oder die zu erlernenden Fertigkeiten verfügen, oder sie sich diese in sehr kurzer Zeit aneignen können. Die frei werdende Unterrichtszeit wird mit herausfordernden und ansprechenden erweiterten Lerngelegenheiten gefüllt. 

    Die Schritte von Compacting gehen wie folgt (Reis et al., 2016): Im ersten Schritt werden die Ziele einer Unterrichtseinheit bestimmt (BENENNEN) und im zweiten Schritt wird überprüft, wer diese Ziele schon erreicht hat (BEWEISEN). Das kann durch „Vortests“ geschehen oder durch die Methode „das Schwierigste zuerst“, bei der die Schülerinnen und Schüler die leichteren Aufgaben überspringen können, wenn sie sich die schwierigen Aufgaben zutrauen. Im dritten Schritt werden für das Kind passende Lernangebote zur Verfügung gestellt (VERÄNDERN). Das können vertiefende Aufgaben zum gleichen Thema sein oder ein eigenes Forschungsprojekt. 

    Um Compacting erfolgreich umzusetzen, empfiehlt es sich erst einmal mit einem Thema und einer kleineren Gruppe von Schülerinnen und Schülern zu starten. Das individuelle Compacting sollte gut dokumentiert werden, z.B. mit Hilfe eines Compactors oder Lerntagebuchs. Die Schülerinnen und Schüler müssen zudem die nötigen Lernstrategien kennen, um ohne viel Steuerung durch die Lehrkraft selbständig zu arbeiten. 

    Neben individuellem Compacting gibt es auch Formen des Gruppencompactings, wobei z.B. in bestimmten Klassen das Curriculum (in einzelnen oder allen Fächern) in kürzerer Zeit bearbeitet wird und die frei gewordene Zeit für zusätzliche Lerngelegenheiten (z.B. (Projektarbeiten) genutzt wird. 

    Weiterführende Literatur:

    Reis, S. M., Renzulli, J. S. & Burns, D. E. (2016). Curriculum Compacting: A guide to differentiating curriculum and instruction through enrichment and acceleration (Second edition). Prufrock Press Inc. 

    Reis, S. M., Westberg, K. L., Kulikowich, J. M. & Purcell, J. H. (1998). Curriculum Compacting and Achievement Test Scores: What Does the Research Say? Gifted Child Quarterly, 42(2), 123–129. https://doi.org/10.1177/001698629804200206

    Winebrenner, S. & Brulles, D. (2018). Teaching gifted kids in today's classroom: Strategies and techniques every teacher can use (Updated fourth edition). free spirit publishing.

  • CyberMentor Plus

    CyberMentor Plus ist ein Förderprogramm, das darauf zielt, Schülerinnen nachhaltig für MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu begeistern. Dazu verknüpft es das bereits etablierte extracurriculare Online-Mentoring-Programm CyberMentor mit einem schulischen Angebot. 

    An CyberMentor nehmen jährlich bis zu 800 MINT-interessierte Schülerinnen der 5. bis 13. Jahrgangsstufe teil. Jede Schülerin wird mindestens ein Jahr lang von einer persönlichen Mentorin begleitet. Als Mentorinnen engagieren sich ehrenamtlich Frauen, die MINT-Berufe in Wissenschaft und Wirtschaft ausüben oder die ein MINT-Fach studieren. Der Austausch erfolgt auf einer geschützten Online-Plattform via Chat, Foren und Mailfunktion. Darüber hinaus bietet die Cyber-Mentor-Plattform vielfältige Diskussions- und Vernetzungsmöglichkeiten der Teilnehmerinnen untereinander, beispielsweise in MINT-Foren, MINT-Wikis und Themenchats. Die positiven Effekte des  Online-Mentoring-Programms, unter anderem auf MINT-Aktivitäten und MINT-Wahlintentionen, sind bereits gut untersucht. Gleichzeitig ist eine umso nachhaltigere Wirkung zu erwarten, je mehr Umweltbereiche in Bezug auf MINT unterstützend ausgeprägt sind (Stoeger, Duan, Schirner, Greindl & Ziegler, 2013; Stoeger et al., 2016; Stoeger, Hopp & Ziegler, 2017; Stoeger, Debatin, Heilemann & Ziegler, 2019; Stoeger et al., 2020). 

    Diesem Befund wird in CyberMentor Plus* Rechnung getragen, indem das Online-Mentoring-Programm mit einer schulischen MINT-Förderung kombiniert wird. An den teilnehmenden Schulen leiten MINT-Fachlehrkräfte wöchentliche MINT-AGs für jeweils sechs bis acht Mentees. Die Aktivitäten in den MINT-AGs orientieren sich an den vier Phasen des Mentoring-Jahres. Online-Mentoring und MINT-AG profitieren auf diese Weise gegenseitig voneinander. Zudem ermöglicht ein vierteljährlicher Austausch zwischen MINT-Fachlehrkräften und Mentorinnen eine Vernetzung aller Beteiligten. Die Entwicklungsverläufe der CyberMentor-Plus-Teilnehmerinnen werden zum einen mit den Entwicklungsverläufen von Schülerinnen und Schülern der gleichen Klassen und Jahrgangsstufen verglichen, zum anderen mit den Entwicklungsverläufen von Mentees, die ausschließlich am Online-Mentoring-Programm teilnehmen und keine zusätzliche schulische Begleitung erfahren. Auf diese Weise sollen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie extracurriculare und schulische MINT-Förderung in optimaler Weise kombiniert werden kann, um Schülerinnen nachhaltig für den MINT-Bereich zu begeistern. * CyberMentor Plus wird im Rahmen des LemaS-Teilprojekts Mentoring durchgeführt und durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus gefördert.

    Weiterführende Literatur:


    Stoeger, H., Debatin, T., Heilemann, M. & Ziegler, A. (2019). Online mentoring for talented girls in STEM: The role of relationship quality and changes in learning environments in explaining mentoring success. New Directions for Child and Adolescent Development. https://doi.org/10.1002/cad.20320


    Stoeger, H., Duan, X., Schirner, S., Greindl, T. & Ziegler, A. (2013). The effectiveness of a one-year online mentoring program for girls in STEM. Computers & Education, 69, 408–418. https://doi.org/10.1016/j.compedu.2013.07.032


    Stoeger, H., Heilemann, M., Debatin, T., Hopp, M. D. S., Schirner, S. & Ziegler, A. (2020). Nine years of online mentoring for secondary school girls in STEM: an empirical comparison of three mentoring formats. Annals of the New York Academy of Sciences. https://doi.org/10.1111/nyas.14476


    Stoeger, H., Hopp, M. & Ziegler, A. (2017). Online mentoring as an extracurricular measure to encourage talented girls in STEM (Science, Technology, Engineering, and Mathematics): An empirical study of one-on-one versus group mentoring. Gifted Child Quarterly, 61(3), 239–249. https://doi.org/10.1177/0016986217702215


    Stoeger, H., Schirner, S., Laemmle, L., Obergriesser, S., Heilemann, M. & Ziegler, A. (2016). A contextual perspective on talented female participants and their development in extracurricular STEM programs. Annals of the New York Academy of Sciences, 1377(1), 53–66. https://doi.org/10.1111/nyas.13116